19 Juni Michelle Obamas Aufruf: Frauen, verhandelt endlich für euch und verhandelt härter

Gepostet am 19.06.2017 in: Verhandeln, Erfahrungsbericht, Zeitgeschehen

Die große Bedeutung des Verhandelns für weibliche Verhandelnde oder Warum Frauen härter verhandeln sollen.


Als der ehemaligen First Lady der Vereinigten Staaten die erste Stelle nach ihrem Jura-Studium angeboten wurde, kam es ihr gar nicht in den Sinn, nach einem höheren Gehalt zu fragen, erzählte sie kürzlich in einem Interview des PARADE Magazins.

„Heute weiß ich, dass es eine der Herausforderungen ist, die wir Frauen haben: Wir vergessen oft, für uns selbst zu verhandeln, und wir verhandeln nicht hart genug.“


Nach der Geburt ihres ersten Kindes hatte sie mit ihrem damaligen Arbeitgeber der University of Chicago verhandelt, um wieder Teilzeit einzusteigen. Schlussendlich arbeitete sie jedoch fast genauso viel wie zuvor in einem Vollzeitjob, nur eben zu einer wesentlich schlechteren Bezahlung. Aufgrund dieser schlechten Erfahrung bezeichnet sie Teilzeit-Jobs für Mütter als „Bad Deal“.

Als sie ihr letztes Stellenangebot verhandelte (bevor ihr Mann Präsident wurde), brachte Michelle Obama ihre Tochter Sasha, damals noch ein Baby, mit zu dem Interview. Sie hatte keinen Babysitter gefunden. „Das ist, was ich Ihnen im Moment anbieten kann“, sagte sie zu ihrem zukünftigen Chef. „Ich habe zwei kleine Kinder. Mein Mann kandidiert für den U.S. Senat. Ich will nicht mehr Teilzeit arbeiten. Ich brauche allerdings Flexibilität. Und ich brauche ein gutes Gehalt. Ich muss in der Lage sein, die Kinderbetreuung zu finanzieren… Dann verspreche ich Ihnen, werde ich mich reinhängen und sehr hart arbeiten.“ Wie die Reaktion aussah? „Er sagte zu allem ja.“

Michelle Obama empfiehlt weiblichen Verhandelnden, besonders jungen Frauen: „Verhandelt hart und kennt euren Wert.“


Verhandlungsforschung
Michelle Obamas Beobachtung, dass Win-Win Ergebnisse für weibliche Jobsuchende möglich sind, werden durch neue Studien bestätigt, die untermauern, dass es für Frauen historisch gesehen wesentlich ungewohnter ist als für Männer, um höhere Gehälter, Beförderungen und andere Vergünstigungen im Beruf zu verhandeln. Als Folge davon verzichten Frauen im Laufe ihrer Karriere auf Hunderttausende von Euros – in einigen Fällen sogar einige Millionen, schreiben Linda Babock und Sara Laschever in ihrem Buch „Ask for it: How Women Can Use the Power of Negotiation to Get What They Really Want“ (Bantam, 2008).

Sheryl Sundberg, COO von facebook, verbreitete die Botschaft über die Zurückhaltung der Frauen beim Verhandeln in ihrem Bestseller „Lean in. Women, Work and the Will to Lead“ (Knopf 2013). Die Zurückhaltung von Frauen viel zu fordern basiert oft auf der Erfahrung eines sogenannten „backlash“. Damit ist gemeint, dass Frauen, die viel fordern, im Anschluss dafür von anderen oft gemieden werden. Bei Männern gibt es diese Gegenreaktion im Übrigen nicht.

Ein möglicher Weg, so eine Gegenreaktion zu vermeiden, besteht darin, das Beziehungskonto zur Legitimierung von Forderungen zu nutzen. So empfiehlt Hannah Riley, Professorin der Harvard Kennedy School, unmittelbar mit Forderungen den Mehrwert für die Organisation zu betonen. Sheryl Sundberg sieht das genauso. Sie rät weiblichen Verhandelnden: „Denkt zum persönlichen Nutzen, agiert aber nach außen im Sinne der Gemeinschaft, wenn es darum geht, Karriereschritte zu verhandeln. Also:

„Unser Team braucht die weiteren Ressourcen“, statt „Ich brauche die weiteren Ressourcen.“


Sowohl Männer als auch Frauen befürchten, dass – sobald sie familiäre Verpflichtungen ansprechen – der Eindruck entstehen könne, dass sie sich nicht genügend in den Job reinhängen würden. Michelle Obama war vielleicht gerade deshalb in ihrem letzten Jobinterview erfolgreich, weil sie gezeigt hat, dass sie nicht nur selbstzentriert am persönlichen Gewinn, sondern auch an der Vereinbarkeit von Beruf und Familie interessiert ist.

Michelle Obamas Vorgehen funktioniert sicherlich nicht in jedem Job. Nicht jeder Arbeitgeber kann flexible Arbeitszeiten anbieten. Ihre klare Kommunikation hat jedoch für viele eine Vorbildfunktion. Vielleicht gibt es ja doch noch Alternativen zu einem „Ganz oder gar nicht.“

Textquelle 
Bildquelle: Mel E Brown
Autor: Jutta Portner | jutta.portner@c-to-be.de

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